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Ich: Angsthase

Seit ich Mutter bin, nein, seit ich das erste Mal wusste, dass ich schwanger bin, habe ich in mir drin diese Angst und die Sorgen. So eine Grundangst um das Wohl des Kindes die immer da ist.

Während der ersten Tage auf der Intensivstation mit dem Klitzekleinen, erklärte ein Arzt mir, dass er gut verstehen kann, dass ich Angst habe und mir Sorgen mache, um das Kind im Inkubator vor mir. Meine Antwort damals war: “ Ich hab seit 19 Jahren Angst und mach mir Sorgen um mein Kind. Um jedes meiner Kind.“
Um den ganz Grossen wenn er Nachts mit Freunden unterwegs ist. Ich bin froh, wenn ich weiss, dass er gut wieder daheim angekommen ist. Ich hab Angst um die Mädels, wenn sie morgens zur Bahn gehen. Angst, dass sie wieder verbotenerweise das Handy in der Hand und vor Augen haben und die ankommende Bahn nicht sehen. Der Mittlere fährt mit dem Rad zur Schule, ist auch abends später mit dem Rad auf dem Heimweg…hat er Licht dabei, wird er eventuell angepöbelt?

Diese Angst um die Kinder ist immer da. Doch die Angst um den Klitzekleinen, ist irgendwie so anders. Ob es das einfach mein mittlerweile doch fortgeschrittenes Alter ist oder die Tatsache, dass ich zu viel erlebt habe in den letzten Monaten und Jahren mit ihm?

Die Schwangerschaft war nach 23 Wochen abrupt zu Ende. Die Wochen davor, die waren bestimmt vom Warten auf Termine, auf die Untersuchung und auf das Ergebnis.
Seit der 16. SSW habe ich Angst um dieses Kind, habe gekämpft und alles getan damit er überhaupt eine Chance hat zu leben. Nicht einmal sind wir glücklich und erleichtert aus einer Praxis gegangen. Wir haben unfassbar viele Ultraschalluntersuchungen über uns ergehen lassen, keine davon war „schön“. Ich hab literweise Blut abgenommen bekommen, es wurde auf alles Mögliche hin getestet und doch nichts handfestes gefunden. Es gab immer wieder Diagnosen, die mir Angst machten. Angst vor dem was kommt.

Es scheint, als wäre die Grundlage unserer Beziehung Angst. Angst, dass ihm was passiert. Dass er fällt, dass er krank wird, dass er nicht genug zunimmt, dass doch irgendwas noch sein könnte. Ich bin einfach nicht mehr so entspannt wie ich es früher einmal war. Da hatte ich auch Angst um meine Kinder, aber nicht in dem Umfang wie jetzt. Damals durfte man auch mal hinfallen 😉

Heute ist für mich eine Beule am Kopf, ein Schnupfen wegen fehlender Mütze oder ein bisschen Fieber sofort eine kleine Katastrophe. Meine Angst und meine Reaktionen darauf, stehen absolut nicht mehr im Verhältnis zu dem was tatsächlich ist. Und das be(hindert) den Klitzekleinen garantiert mehr, als seine eigenen körperlichen Unzulänglichkeiten. Er wird doch nie stabil laufen, wenn ich ihn dauernd an die Hand nehme.

Wir haben jetzt eine kleine Rutsche im Wohnzimmer. Ich und meine Angst sehen ihn aus dramatischen 80 cm auf eine Matte fallen, bevor er überhaupt die erste Stufe berührt hat und halte ihn natürlich lieber doch noch fest.

Mein persönliches Highlight aber letzten Samstag. Wir bei Ikea. Es ist voll. Warm. Die Luft ist schlecht. Das Kind ist quengelig. Rote Wangen. Es geht ihm nicht gut. Ich packe ein Fieberthermometer aus und messe mal eben die Temperatur. Oh Gott, wir müssen bestimmt in die Klinik… ich drehe durch. Mal wieder siegt die Angst.

Einatmen. Ausatmen. Ich habe ein Thermometer dabei?! Ich erkenne mich nicht wieder. Das muss ein Ende haben. Schluss damit. Ich muss lernen mich und meine Angst um den Kleinen auf ein normales und vor allem gesundes Mass zu reduzieren! Und zwar ganz ganz schnell!

Nachtrag:

Wenn er die Rutsche hochklettert, schaue ich ab jetzt eher weg. Ich bin in der Nähe, aber ich halte nicht mehr fest. Er kann das. Er macht es nämlich wunderbar, ohne irgendeine Schramme oder Beule. Er darf jetzt endlich lernen. Mit Hinfallen und Aufstehen. 

1 Kommentar

  1. Auf die Idee ein Thermometer mit zu Ikea zu nehmen muss man wirklich erstmal kommen. 😀 und wegsehen ist wirklich manchmal die beste Variante. Ich guck auch lieber weg, wenn meine Kleine Treppen steigt. Wenn ich nicht dabei bin kann sie es schließlich auch. Nur manchmal zur Sicherheit dastehen und sonst Vertrauen in die Kinder haben, das ist mein Grundrezept. 🙂

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