Und Rums. Kopf gestossen. Tränen fliessen, der Kopf dreht sich in meine Richtung, er reckt mir die Arme entgegen und sucht Schutz und Trost.
Bei mir! Mein Herz tanzt vor Freude.
„So ein freundlicher kleiner Mann“ – „Ach der fühlt sich aber bei jedem auf dem Arm wohl“ – „So ein netter, und fremdelt auch gar nicht“…. Das freut natürlich alle, auf jedem Fest ist er ein kleiner Star, jeder möchte ihn mal gerne halten. Ich hingegen beobachte alles mit einem Kloss im Hals.
Natürlich freue ich mich dass Klitzeklein nicht nur an meinem Rockzipfel hängt oder weint sobald ich aus seinem Blick verschwunden bin. Dennoch haben wir schon sehr früh hier zuhause bemerkt, dass er anders ist. Er ist skeptisch und unsicher und oftmals kommt dann so ein kleines Lächeln. Das sieht auch ganz anders aus, wie ein herzliches, erfreutes Lächeln. Man erkennt es sofort wenn man es weiss. Es kommt nicht von Herzen, es ist eine Angewohnheit, eine Marotte könnte man schon fast sagen. Kleines, schnelles Lächeln wenn er nicht weiss was passiert und was er machen soll und vor allem, weil er nicht weiss wohin dann.
Zugegeben wir sind in Sachen Mutter-Kind-Bindung hier sehr vorbelastet. Wir haben über einige Jahre gelernt, was es mit sich zieht wenn diese erste Bindung nicht richtig stattgefunden hat oder viel zu früh gestört wurde. Wir haben gelernt, dass man das nie wieder aufholen kann und das man damit wirklich im Alltag an den unglaublichsten Stellen immer wieder konfrontiert wird und immer wieder neu lernen muss.
Klitzeklein hat bei Angst oder Schmerz zum Beispiel, nie meinen Blick gesucht, mich gesucht. Auch trösten war schwer, er fühlte sich bei mir nicht sicher und geborgen. Ich war lange Zeit nur eine von vielen Menschen die etwas mit ihm machen. Und das war selten etwas Schönes. Vielleicht war ich ein bisschen vertrauter, aber ich war ganz sicher nicht der sichere Hafen. Und den braucht ein Baby. Einen sicheren Hafen aus dem heraus man in die Welt starten kann. Und in den man zurückkehrt wenn es zu stürmisch wird. Man kann da nicht alleine rumrudern. Zumindest nicht ohne viel zu oft Wasser zu schlucken.
In der Klinik hab ich immer gesagt, dass ich mir den Klitzeklein, wenn wir nach hause kommen, erst mal 4 Monate umbinde, der müsst erst mal nachsitzen. Wir haben gekänguruht was das Zeug hielt, auch wenn ich ehrlich sagen muss dass wir beide nicht so die entspanntesten Känguruher waren. In der Klinik wurde genau geschaut dass die Mütter soviel wie möglich selber machen und so wenig fremde Menschen wie möglich am Kind sind. Unbewusst war mir vielleicht da schon klar, da fehlt uns noch etwas. Für die Zeit in der Klinik selber war das vielleicht sogar von Vorteil, ich musste ihn ja abends zurücklassen, aber zuhause angekommen, wollte ich doch auch das Klitzeklein zuhause ankommt. Das er bei uns ankommt. Das war ganz komisch zu sehen wie er doch ein bisschen haltlos im Alltag war und wie wenig ich ihm anfangs Hal, Sicherheit und Geborgenheit vermitteln konnte.
Ich konnte mir den Klitzeklein natürlich nicht 4 Monate umbinden, aber wir haben die Anzahl der Menschen, die ihn betreuen und versorgen auf ein absolutes Minimum reduziert und den Körperkontakt drastisch hochgeschraubt. Zurück auf Los! quasi.
Ich hab getragen, gehalten, viele Stunden einhändig haushaltend mit dem schlafendem Kind auf dem Arm verbracht, der Daddy hat die Sonntag Vormittage oft stundenlang am Tisch gesessen mit dem Baby im Arm. Wir haben ihm gezeigt dass angefasst zu werden, gekitzelt zu werden, all das ist gut und lustig. Heute kann ihn hochwerfen und auffangen und mittlerweile ist eine richtig wilde Hummel aus ihm geworden, die drauf vertraut dass wir ihn auffangen… wir haben uns sein Vertrauen ordentlich erarbeiten müssen.
Dieses unsichere „ich weiss nich was ich tuen soll, dann lächel ich mal“-Lächeln kommt auch heute noch. Aber: er dreht sich um und schaut mich an, er lässt sich trösten und fühlt sich offenbar auf dem Schoss sicher. Er vergewissert sich mit einem Blick bei mir dass alles gut ist. Oder das es halt auch mal nicht gut ist. 😉 Er kommt auf den Schoss wenn er müde ist und auch von hier aus startet er jetzt robbend durch die Gegend. Vieles haben wir vielleicht aufholen können, alles bestimmt nicht.
Und ja, ich bin da super sensibel was die Bindung angeht und schon fast fanatisch hinterher und ja, das ist meine Art der Frühförderung. Vertrauen in andere Menschen lernen, dann in die eigenen Fähigkeiten und Grenzen. Ach, ich könnte noch Stunden und zahlreiche Beispiele und Metaphern hier raushauen, aber jetzt ist Schluss! :-))
❤️
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Da sehe ich mal wieder, wie unterschiedlich der Mensch solche Dinge bewertet. Was ich glaube: Vertrauen in die Welt bedeutet das Gefühl haben, sich an jeden Menschen für Trost und Beistand wenden zu können. Das zeigt doch den Glauben daran, das alle Menschen (und nicht nur Mama) gut sind. Dass das nicht so ist, wird er früh genug erfahren, auf seine Weise. Die Annahme „wenn etwas ist, kann ich mich nur an Mama wenden“ zeigt für mich eher, dass eine Mutter dieyen Wunsch tief und fest auf ihr Kind übertragen hat. Dabei will ich gar nicht ausschließen, dass Kinder auch schon so misstrauisch auf die Welt kommen können, es gibt einfach solche Menschen.
Ein unsicheres Lächeln ist nichts anderes als ein unsicherey Weinen. Das kenne ich von den meisten Kindern. Meine Tochter ist auch etwas ander gewesen, bis sie 1 jahr alt war, hat sie regelmäßig andere Muttis in Spielcafés aufgerissen. Sogar Küsse bekamen sie. Da ich so ein freiheitsliebender Mensch bin, hab ich die Ruhe für mich selbst immer sehr genossen. Jetzt ist sie auch eher ein Mama/Papa Kind und auch das ist schön. Aber kein Muss.
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… so als Frühchen macht man viele Erfahrungen offensichtlich früher als andere. So auch die, dass nicht alle Menschen Trost und Geborgenheit spenden. Statt Trost und Geborgenheit und auch Schutz, ist man erst mal allein. Man startet nicht aus der Geborgenheit hinaus in die Welt, und findet alle Menschen gut, da man noch keine anderen Erfahrungen hat, als Frühchen startest du von „der anderen Seite“ aus und musst erst mal lernen was es heißt sich geborgen zu fühlen…
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