Jetzt is er da. Ich hab ihn. Nach 130 Tagen war er plötzlich da. Lässt sich auch nicht verleugnen. Ich habe einen Hütenkoller, mir fällt die Decke auf den Kopf. Wir wollen nach Hause.
Auf einmal empfinde ich alles viel lauter und heller und stressiger. Das Kindergeschrei der anderen Babys, die Summerei der Eltern, das Telefon, die Stimmen der anderen Leute… Aber die Spitze des Eisbergs, d a s Objekt schlechthin welches mich wirklich an den Rand meiner Geduld, meiner Leidensfähigkeit bringt, worauf ich mich offensichtlich in den letzen Tagen eingeschossen habe, ist:
DIE SPIELUHR.
Wenn ich das aufziehen, dieses „knrrrrrrr“ höre, bekomme ich schon den Kloß im Hals. Und dann die Melodie! Die Melodie! Es gibt nämlich offensichtlich nur eine! Und diese Melodie sämtliche Spieluhren im Kanon und gefühlte 10 Std. am Tag: La Le Lu… Nur der Mann im Mond schaut zu….
Natürlich schaut nur noch der Mann im Mond zu! Die anderen sind schon alle geflohen! … Wie die kleinen Babys schlafen.... Die schlafen nicht! Die schreien weiter und ich würde gerne mitschreien. Mach ich aber natürlich nicht.
Ich geh spazieren. Mitten am Tag verlasse ich die Station und gehe spazieren. Halbe Stunde vielleicht, während mein Sohn schläft. Laufe mal über die Straßen, die ich vor fünf Monaten das letzte Mal entlang gelaufen bin. Damals hing noch die Weihnachtsdeko und die Happy-New-Year-Wünsche. Jetzt ist Sommer. Wo ist nur die Zeit geblieben? Wo ist das halbe Jahr hin? Was haben die anderen alles erlebt während ich auf Station neben dem Kleinen saß… Karneval, Ostern… An mir ist alles vorbeigegangen. Aber jetzt will ich wieder zurück ins Leben. Mit meinem kleinen Sohn. Wir sind soweit. Also fast.
Knnnnrrrrrr