„Frühchen sind nichts für Feiglinge.“ – ich bin Einer!
Mit nem Frühchen wird man zum Grenzgänger. Man erlebt und tut Dinge für die man selber eigentlich viel zu feige ist.
Zumindest ich. Und ja, auch ich würde gerne mal sagen “ Ne, mach du lieber.“ Ich hab nämlich auch Angst um dieses kleine zerbrechliche Wesen und davor, ihn so unglücklich anzufassen, daß es ihm weh tut, daß der Beatmungsschlauch abknickt, wir mit der blöden Magensonde hängen bleiben, daß ich etwas falsch mache. Ist nämlich auch mein erstes Frühchen.
Auf der anderen Seite möchte ich das alles am liebsten alleine und selber machen. Der Kleine ist doch mein Baby. Aber nichts kann ich alleine. Darf man einfach die Türen aufmachen und das Baby anfassen? Ach nicht streicheln? Nur drauflegen die Hände. Schon den ersten Fehler gemacht. Ich wollte ihn streicheln damit er sich wohlfühlt, aber das tuen Frühchen gar nicht. Also lege ich die Hände einfach nur drauf und hab Angst, dass es ihm nicht gut tut. Der Bildschirm blinkt, der Alarm geht los, ich ziehe schnell die Hand raus. Erst mal kommt niemand. Ich hab schon wieder Angst. Er liegt noch genauso da wie vorher, aber warum bimmelt es? Und Alarm heisst für mich dass es etwas nicht stimmt. Meine zweite Lektion heute: es gibt auch gute Alarme, wenn die Werte „zu gut“ sind. Ich bin erleichtert, Tür alleine auf und Hand rein. Alles gut.
“ Haben Sie denn den kleinen Popo schon mal versorgt?“ Versorgt? Mein Frühchen? Ich? Nein. Das darf man? Verrückte Frage, aber ich freue mich. Ich darf mein Baby mit versorgen. Ich darf eine Minipampers unter den Minipopo schieben, die Wunden versorgen, den Bauch massieren, die Hände und Füsse massieren und ich habe eine unglaubliche Angst etwas falsch zu machen. Trotzdem warte ich jeden Tag, freue mich jedes Mal, wenn eine Schwester Zeit hat mit mir zusammen mein Baby zu versorgen und mit der Routine, geht die Angst davor, ihn anzufassen und heute, nach 100 Tagen, versorge ich meinen Sohn gaaanz alleine! Immer noch mit ein bisschen Angst.
Es gab auch Tage, da stand es um ihn nicht gut, er hatte Probleme mit dem atmen, wird intubiert, es wird nicht besser. Er rauscht ab, alle Werte rauschen in den Keller. 2 Ärzte sind da, zwei Schwestern… er wird bebeutelt, bekommt eine Spritze und dann stehen wir alle daneben und schauen auf den Bildschirm und warten. Kommt er wieder? In mir ist eine unglaubliche Ruhe, ich denke nur “ lass den Mist, kleiner Hase.“ Die Werte steigen an, der Kleine kommt wieder. Der Anblick der Ärzte und Schwestern, die nur noch auf den Bildschirm schauen, den werd ich nicht vergessen. An dem Abend kann ich mich nur sehr schwer trennen. Das erste Mal rufe ich spät abends an um zu fragen wie es ihm geht.
Und Zuhause? Erzähle ich nur grob von diesen Tagen. Die Angst, die ich selber habe, die lasse ich weg. Die Anspannung, die Sorgen, all dass bleibt irgendwo zwischen Haustüre und Kliniktüre im Auto. Ich ab die Angst in den Augen vom Daddy gesehen, den Blick und die Tränen meiner Tochter als es dem Kleinen in ihrem Beisein so schlecht ging und er bebeutelt werden musste. Das erste mal kängurht ein Kind. Ich bin gestorben vor Angst. Was wenn es ihm gerade dann schlecht geht? Wie gehts dem Bruder dann? Macht er sich Vorwürfe? Die Momente in denen es dem kleinen Kerl schlecht geht, die sind einfach so schlimm. Ich möchte diese Augenblicke allen anderen die mir am Herzen liegen ersparen.
Ich finde, man braucht eine Menge Mut mit so nem Frühchen. Nur den Mut mal zuhause zu bleiben und zu Daddy zu sagen “ Ne, mach du heut lieber“, den Mut hab ich nicht.
Hallo Klitzeklein Mama,
wir hatten Zwillinge, die in der 24.Woche +5 kamen (zu Hause, leider, beim ersten waren wir noch alleine, beim zweiten war Notzarzt da). Ich hatte eine unendeckte Infektion. Wir waren 3,5 Monate auf Intensivstation, 8 Wochen in zwei Kliniken. Der erstgeborene hat nach 3,5 Monaten Kampf gehen dürfen, er war einfach zu krank, hat die Hölle durchleben müssen, der zweite durfte heim. Ihm geht es gut, er ist jetzt fast 3,5 Jahre alt und hat schlechte Augen, sonst ist bei ihm alles ok.
Vielleicht willst Du mir persönlich schreiben.
Kopf hoch,
liebe Grüße,
Petra.
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Vielen lieben Dank für deine Nachricht und deine Geschichte! Gerne melde ich mich mal…
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Hat dies auf hab ich so noch nicht gewusst rebloggt und kommentierte:
Sachen, über die man ja sonst fast nie nachdenkt.
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Hallo Klitzeklein Mama ♡
Ein ganz wundervoller Blog..
Unser Tiger ist am 07.01.2014 bei 24+1 auf die Welt gekommen.
Der Tiger wird nun bald 2… und wir sind so unglaublich stolz… und Glücklich…
Gern darfst du mir auch persönlich schreiben ♡
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